Platt Pirat

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Sven Kamin: „Platt Pirat“

Rezension Weser Kurier, 2017

Dass ausgerechnet er DER Senkrechtstarter der plattdeutschen Bühnendichter-Szene ist, überrascht vor allem einen: Ihn selbst. Denn auch, wenn er das Niederdeutsche als Sound seiner Heimat schon früh im Ohr und Herzen trug, ist Sven Kamin ausschließlich hochdeutsch aufgewachsen.

Über Dichterwettstreite kam der bundesweit bekannte Poetry Slammer zum Schreiben eigener plattdeutsche Texte. „Eigener“ ist dabei durchaus wörtlich zu nehmen, denn der gebürtige Bremer, der in Niedersachsen aufwuchs, inzwischen in Schleswig-Holstein wohnt und in Hamburg arbeitet, hat sich sein Plattdeutsch an all seinen Lebensstationen zusammengeräubert.“Platt Pirat“ heißt denn auch sein erstes abendfüllendes Programm, in dem er alle Register seines plattdeutschen Repertoires zieht und als literarisches Sahnehäubchen einige seiner besten Poetry Slam Texte auf hochdeutsch präsentiert.

Bremer Singsang mischt sich in seinen Texten mit schleswig-holsteinischer Knorrigkeit, hamburger Dynamik und innerer niedersächsische Ruhe. Für Platt-Puristen, ist das beileibe nicht immer richtig – aber auf jeden Fall immer authentisch Sven Kamin. Und was der Power-Performer zu sagen hat, findet Gehör und geht in Kopf, Herz und Beine: Er wurde in Husum erster NDR Slam op Platt Weltmeister und schlug als Platt-Quereinsteiger auch bei seinen Erfolgen im Hamburger Ohnsorg Theater und auf anderen Bühnen Plattdeutsch-Ikonen von Jan Graf bis Ines Barber aus dem Feld.

Mit seiner eindrucksvollen Bühnenpräsenz und seinen intensiven Texten hat der Bühnendichter und Sänger zudem bereits zahlreiche hochdeutsche Poetry Slams gewonnen und beim Sieg bei den ersten niedersächsischen Meisterschaften 1100 Zuschauer in der ausverkauften Staatsoper Hannover in seinen Bann geschlagen.

Poetry Slam ist ein Dichterwettstreit, bei dem das Publikum über den Sieger des Abends entscheidet. Tausende Zuschauer verfolgen die rasanten Dichterschlachten, bei denen die wortgewaltigsten Dichter der Republik dem Publikum ihre lodernden Texte entgegenschleudern. Zu den profiliertesten Stimmen dieser Szene, die längst den Weg auch in die großen Hallen und TV-Shows gefunden hat, gehört Sven Kamin. Er kam bei den deutschprachigen Poetry Slam Meisterschaften 2008 und 2012 unter die besten Fünf, er ist erster Bremer Rap-Slam Champion und Träger des Golden Hamburger Kloppstocks 2011 und 2012. Zudem gibt er Workshops in Schulen.

Plattdeutsch – das ist für den Bremer, Jahrgang 1979, inzwischen zu einer Herzensangelegenheit geworden. „Op Platt kann ich Stimmungen und Gefühle ausdrücken, die das Hochdeutsche nicht hergibt“, freut sich der Bühnen-Poet über den neuen sprachlichen Horizont. Dass seine Texte beileibe nicht alle auf brachiale Komik abzielen, versteht sich vor diesem Hintergrund fast von selbst. Denn an eine Sache glaubt Sven Kamin auf Hoch- und Plattdeutsch gleichermaßen: „Wer auf einer Bühne steht, der sollte was zu sagen haben.“